EIN TURNIER FÜR DEN INTERNATIONALEN GEDANKEN

(Die Gründung der ITTF)

Die neue Tendenz zur Organisation des Tischtennisspiels machte es möglich, dass Spieler aus den unterschiedlichsten und entferntesten Regionen zusammenkamen. Die Treffen der Tischtennisspieler erfolgten auch auf Länder- und Nationenebene. Die ersten Länderspiele wurden ab 1922 zwischen England und Wales ausgetragen. Mannschaftswettkämpfe zwischen zwei Nationen fanden ab 1925 zwischen Österreich und Ungarn statt.

Einen wesentlichen Beitrag, auch auf internationaler Ebene das Tischtennisspiel zu fördern, leisteten deutsche Spieler. Sie waren darum bemüht, die Spannungen zwischen den Entente-Ländern des I. Weltkriegs und Deutschland abzubauen, indem sie die ausländischen Spieler durch internationale Angebote anlockten. Zwei Personen, die das neue allgemeine Interesse im In- und Ausland erkannten und wussten, wie man es werbewirksam ausnutzen konnte, waren die Funktionäre des Berliner T.C. 1900 "Gelb-Weiß", Dr. Georg Lehmann, und F.W. Starke. Sie organisierten das erste internationale Turnier im Jahre 1925.

Solche Begegnungen regte die Tischtennisverbände an, endlich ein standardisiertes internationales Regelwerk zu schaffen. In der Novemberausgabe der Zeitschrift Tennis und Golf veröffentlichte der DTTB das vollständige aus dem Englischen übertragene Regelwerk und ergänzte es mit den im Wesentlichen noch heute gültigen Regeln für das Doppel. Als Nächste übernahmen die Österreicher das Regelwerk, und schon zwei Monate später schlossen sich die Ungarn an.

Abb. 33 Anzeige aus dem Jahre 1926

 

Für die deutsche Tischtennisindustrie brachten solche Veränderungen und die wachsende Anzahl der DTTB-Mitglieder eine Hochkonjunktur. Alle 50 Mitgliedsvereine benötigten für die Saison von 1925/26 neue Tische nach englischem Maß. Auch die bisher üblichen Bälle von 2 Gramm mussten durch die 2,2-2,4 Gramm schweren Bälle ersetzt werden. Doch da die meisten Tischtennisclubs Unterabteilungen von finanzkräftigen Tennisvereinen waren, brachte die Umstellung keine Probleme. Die neuen Angebote der Firmen verhalfen dem Tischtennis sogar zu größerer Popularität. Jetzt begannen auch die Mitglieder des Berliner Schlittschuhclubs oder der Club der Filmindustrie, auf den 9 mal 5 Inches großen Tischen zu spielen.

Vor dem Hintergrund der politischen Bestrebungen Deutschlands, wieder das Vertrauen der Nachbarländer zu gewinnen und auf internationalen Konferenzen durch Eintritt in den Völkerbund neue Wege der Verständigung einzuschlagen, fand in Berlin eines der bedeutendsten Turniere in der Geschichte des Tischtennis statt. Schon bevor alle Meldungen für das Turnier eingegangen waren, hieß es in der Presse, dass es wohl die größte Tischtennis-Veranstaltung sein würde, die überhaupt jemals bisher abgehalten worden ist.

Zudem fiel der Bekanntheitsgrad der ungarischen Spieler auf. Sie hatten durch ihre klaren Siege gegen Österreich schon im voraus für Schlagzeilen gesorgt. Da die besten englischen Spieler angeblich durch ein zur gleichen Zeit stattfindendes Länderspiel gegen Wales verhindert waren, galten die Ungarn als die Favoriten. Dieses Turnier bot auch erstmalig Ländermannschaftskämpfe an. Hier zeigten die Ungarn bei den zwei Wettkämpfen gegen England und Deutschland, welches Leistungsniveau sie besaßen. Ungarn gab bei den Länderspielen keinen Punkt ab, und der ungarische Spieler Mechlovits gewann im Herrenfinale gegen seinen Landsmann Dr. Pecsi. Im Dameneinzel gewann die Wienerin Wiesenthal.

Abb. 34 II. Internationale Deutsche Meisterschaften 1926

"Die ungarische Mannschaft/ Von links nach rechts: Dr. Jacoby, Dr. Pecsi, Mechlowitz"

 

Den Organisationskünsten der Berliner Veranstalter war aber hiermit noch kein Ende gesetzt worden. Am 15. Januar 1926 fanden auf Initiative des Vereinsvorsitzenden von Gelb-Weiß und Präsidenten des Deutschen Tisch-Tennis Bundes, Dr. Georg Lehmann, die "Vorbereitungen zur Gründung eines internationalen Verbandes" statt. Die Delegierten aus England, Ungarn, Österreich und Deutschland kamen zu folgenden Beschlüssen:

  1. Alle Länder, die bereits einen Tischtennisverband besaßen, sollten bis zum 1. Juni 1926 ihren Beitritt als gründendes Mitglied erklären.
  2. In einem provisorischen Komitee wurde der Generalsekretär des DTTB, F. Gruber, zum Ehrenschriftführer des Internationalen Tischtennisverbandes (International Table Tennis Federation) ernannt.
  3. Der Satzungsentwurf sollte vom ungarischen Verband vorgenommen und beim nächsten großen internationalen Turnier am 12. Dezember 1926 in London für die konstituierende Versammlung besprochen werden.
  4. Für zukünftige internationale Turniere war vorgesehen, dass einheitliche Spielregeln geschaffen würden, eine Amateurdefinition gefunden werden sollte und drei Spieler eine Mannschaft für die Länderspiele bilden sollten. Außerdem mussten Absprachen zwischen den Verbänden getroffen werden, damit parallel verlaufende Veranstaltungen möglichst vermieden wurden.

Abb. 35 Dr. Georg Lehmann, Initiator der ITTF

 

Der Vorsitzende der T.T.A., Ivor Montagu, feierte schon bei den Vorbereitungen der ITTF sein internationales Debüt. Er trug maßgeblich zur Durchsetzung der getroffenen Maßnahmen bei und bewies zum Abschluss der Versammlung sein Einfühlungsvermögen und seine Begabung als Redner. Er sagte:

"Die Diskussionen und Begegnungen, die wir diese Woche hatten, tragen sicher zur Wohlfahrt des Spiels bei und können nur dafür gut sein, um den verständlichen und freundlichen Umgang der betreffenden Nationen zu fördern."

Beeindruckt von den organisatorischen Leistungen schlug er ein Wiedersehen bei den Europameisterschaften in London vor. Dort sollte sich herausstellen, das die II. Internationalen Meisterschaften von Deutschland nicht nur Vorbereitungscharakter für die ITTF hatten, sondern auch eine entscheidende Vorreiterrolle für die Austragung der ersten Tischtennisweltmeisterschaften spielten.